Busreise vom 5. bis 9. September 2022
Das waldreiche deutsche Mittelgebirge ist landschaftlich vielfältig und abwechslungsreich, es wird gekrönt von den baumlosen Höhen des sagenumrankten Brockens, Schauplatz der „Walpurgisnacht“. Die Städtchen am und im Harz mit ihrer tausendjährigen Geschichte zeigen sich als Fachwerk-Kleinode mit idyllischen Marktgässchen, malerischen Winkeln und Sehenswürdigkeiten von europäischem Rang. Ein Glanzpunkt ist die Fahrt mit der historischen Dampfbahn durch geheimnisvolle Täler hinauf zum Brocken. – Soweit der Werbe-Text unseres Reise-Veranstalters.
Die Realität sah allerdings etwas anders aus, weil aufgrund heftiger Waldbrände am Brocken das dortige Gebiet weiträumig abgesperrt und der Betrieb der Brockenbahn komplett eingestellt werden musste. Wir waren gespannt, wie sich das auf den Reiseverlauf auswirken würde…
Bei gutem Wetter fuhren wir, 19 Reiselustige im 44-er Bus, über Würzburg – Fulda – Göttingen 520 km weit in den Harz. Wir hatten das Glück, beide eine Sitzbank in Reihe 1 zu bekommen, so dass die Fahrt sehr kurzweilig war und wir den vollen Überblick über Verkehr und Landschaft genießen konnten.
In Wernigerode durften wir nach dem Einchecken gleich mit unserem örtlichen Reiseleiter zum Stadtrundgang durch die zauberhafte Altstadt starten. Sorgfältig renovierte Fachwerkhäuser, oftmals mit sehr schönen Haustüren, begegneten uns schon im Heideviertel. Neben ausführlichen Erläuterungen zu Vergangenheit und Gegenwart bekamen wir auch einen ersten optischen Eindruck bezüglich des Gebietes rund um den Brocken.
Als einer der Höhepunkte stand am zweiten Tag das UNESCO-Kulturerbe Goslar auf dem Programm, darunter der Besuch auf der Kaiserpfalz aus dem 11. Jhdt. mit ihrem beeindruckenden Kaisersaal und der Krypta – heute kulturell genutzte Räumlichkeiten.
Es folgte ein Stadtrundgang durch die historische Altstadt mit ihren einzigartigen Fachwerkhäusern.
Am Marktplatz ertönte pünktlich um 12 Uhr das historische Glockenspiel mit der Parade der Bergmannsfiguren – da durften wir natürlich nicht fehlen!
Nach kurzer Mittagspause ging´s weiter in die Oberharzer Bergstädte mit Besichtigung der Gustav-Adolf-Stabkirche von Hahnenklee sowie der Kirche und des Kurparks von Braunlage.
Erschütternd allerdings war für uns alle der Anblick der "Silberwälder": tote Fichtenwälder, in denen der Borkenkäfer seit Jahren sein zerstörerisches Werk fortsetzt. Eigentlich hatten wir schwarz verkohlte Baumleichen erwartet – hier aber, so weit das Auge blickte: vom Borkenkäfer vernichtete kahle helle Stämme, wo vor wenigen Jahren ausgedehnte grüne Wälder standen. Fichten-Monokultur im Naturschutzgebiet bietet dem gefräßigen und vermehrungsfreudigen Insekt ein bequemes und nahezu unendliches Schlaraffenland.
Ein kurzer Halt wurde in Clausthal-Zellerfeld eingelegt um die sehenswerte - blau angestrichene!!! - Marktkirche "Zum Heiligen Geist" zu besuchen. Prachtvolles goldenes Interieur hinter schlichten Holzwänden, das war schon eine Überraschung!
Der Wettergott meinte es auch am Mittwoch noch immer gut mit uns und bester Stimmung ging es in Thale per Gondelbahn 440 Höhenmeter hinauf zum Hexentanzplatz. Allerdings schienen die Hexen noch im Bett zu liegen, so entschädigten uns eben herrliche Ausblicke in die romantische Natur des Bode-Tals für das fehlende Tanzvergnügen.
Nächstes Ziel war heute die erste deutsche Königs- und UNESCO-Stadt Quedlinburg. Bei einem Spaziergang durch den historischen Stadtkern lernten wir das Renaissance-Rathaus und Fachwerkhäuser aus 6 Jahrhunderten kennen und kamen auch an die Stelle, an welcher im Jahr 918 Heinrich I. (dem „Vogler“) die deutsche Königskrone angetragen wurde – wer erinnert sich nicht an das entsprechende Kunstlied aus dem Musikunterricht vor -zig Jahren!? Heute befindet sich statt des Waldstückes, in dem er Finken jagte, das Käsekuchen-Café am Finkenherd. Da geht es uns heutzutage schon besser: sahniger Käsekuchen statt magerem Finkenbraten… Eine weitere Gnade der späten Geburt…
Nach einer kleinen Mittagspause, wo man im Baumkuchen-Café leckeres Gebäck genießen konnte, kam die absolute Herausforderung: das Erklimmen des Dombergs, denn dort wartete die Stiftskirche mit Domschatz und Krypta auf uns.
Im Anschluss daran machten wir kurz vor einem Regenschauer einen Abstecher in die ehemalige Welfenstadt Blankenburg und einen Spaziergang durch den barocken Schlossgarten am Kleinen Schloss Blankenburg, von wo aus man auch noch einen schönen Blick auf das Große Welfenschloss werfen konnte. Einsetzender Regen allerdings beschleunigte die Rückkehr zum Bus.
Tja - h e u t e wäre der große Brocken-Tag gewesen… Von wegen Brocken-Dampfbahn, von wegen Halberstadt! So stand der Veranstalter also vor der Aufgabe, möglichst schnell eine gute Alternative ins Programm zu nehmen und sie bestand unter anderem in einem Besuch des Klosters Walkenried, wo wir eine informative Führung durch das Klostergebäude und eine sehr gute Ausstellung bekamen. Die Kirchenruine dagegen wurde im Nieselregen nur von ein paar Informationshungrigen besucht. Wir waren natürlich dabei! Ha no!
Weiter ging es in die Europäische Fachwerkstadt Stolberg, wo wir eine kurze Mittagspause und einen Rundgang einlegten.
Die kleine Stadt ist zu einem Schmuckstück herausgeputzt - alte Häuser werden nicht mehr abgerissen sondern fachmännisch (und mit viel Geld...) wieder in den ursprünglichen Zustand versetzt!
Ein Brunnen erinnert übrigens an einen der großen Söhne des Städtchens: an Thomas Müntzer, den revolutionären Theologen und Bauernführer. (Wer weiß schon, dass der Aufrührer mit 36 Jahren gefoltert und schließlich enthauptet wurde . “Sein Leib aufgespießt und sein Kopf auf einen Pfahl gesteckt...“ weiß zumindest Wikipedia.)
Wir fuhren bei zunehmend besser werdendem Wetter weiter zur Köhlerei Stemberghaus bei Hasselfelde, wo nicht nur die Meiler, sondern auch die Kehlen all der Besucher brannten, die unbedingt ein Gläschen Köhlerbrand probieren mussten. Keuch und „Gut Brand!!!“ - mit dem Gruß der Köhler... (Feuerlöscher gibt´s im Bus n u r beim Fahrer, haben wir gelernt!)
Der letzte Tag brachte zunächst wieder schönes Wetter und überpünktlich traten wir die Heimfahrt an. In Meiningen hatten wir mit der Mittagspause Glück: davor und danach gab es zwei heftige Wolkenbrüche, doch unser Aufenthalt fand bei strahlendem Sonnenschein statt. Und da auch die Heimfahrt problemlos verlief, konnten wir unsere Harz-Reise zufrieden und mit einer ordentlichen Menge an Film- und Foto-Material abschließen.
Dank unseres versierten Busfahrers und unseres auf den verschiedensten Wissensgebieten bewanderten Reiseleiters haben wir fünf sehr interessante Tage erleben können.
Vor allem hier, im ehemals deutsch-deutschen Grenzgebiet, Erinnerungen und persönliche Eindrücke eines Zeitzeugen zu erleben, bescherte uns einmalige Einblicke in eine wichtige Phase unserer deutschen Geschichte.